Wie Du einfach Deinen Kalorienbedarf ausrechnen kannst
Kalorien ausrechnen und zählen kann schon nerven. Diäten, die angeblich ohne Kalorien zählen funktionieren sind voll im Trend, weil die Menschen es nun mal Abkürzungen lieben. Aber geht es wirklich komplett ohne zählen und rechnen?
Ja, es geht. Wenn Du Dich vollwertig mit viel Gemüse, Proteinen, guten Fetten und ausreichend Vitalstoffen ernährst, wird sich deine Kalorienbilanz fast automatisch auf ein gesundes level einpegeln. Ein Grund: Du wirst mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt, die dich sättigen und hast nicht ständig Heißhunger.
Ganz so super einfach ist es aber leider doch nicht. Denn es gibt einige Stolpersteine. Selbst wenn Du glaubst, Dich gesund und vollwertig zu ernähren, wirst Du hin und wieder auf Lebensmittel stoßen, deren Kaloriendichte leicht unterschätzt wird. Nüsse sind ein gutes Beispiel. Sie sind voll mit gesundem Zeug. Allerdings sind sie auch sehr kalorienreich und verleiten zu unbewusstem Knabbern.
Wenn Du Dir ein bestimmtes Ziel (z.B. Abhehmen oder Zunehmen) gesetzt hast, kann das schenll zur Frustfalle werden. Denn ob du zu- oder abnimmst hängt letztendlich nur von deiner täglichen Energiebilanz ab. Wenn du mehr Kalorien zu dir nimmst als du benötigst, nimmst du zu. Wenn du weniger aufnimmst, dich also länger im Kaloriendefizit befindest, nimmst du ab. So simpel ist es im Grunde. Einfache Physik. Es is also immer sinnvoll, sich vor einer Diät oder einer Körpertranssformation den täglichen Kalorienbedarf auszurechnen.
Wenn Du Deinen täglichen Kalorienbedarf kennst, ist es leichter, die Ernährung auf Dein Ziel abzustimmen – sei es nun Muskelaufbau oder Fettabbau.
Was ist mit Kalorienbedarf gemeint?
Der Kalorienbedarf des Menschen setzt sich ganz grob aus zwei Komponenten zusammen. Dem Grundumsatz und dem Leistungsumsatz.
Grundumsatz
Der Grundumsatz bestimmt, wie viele Kalorien Dein Körper in Ruhe verbraucht – also ohne Bewegung und sportliche Aktivitäten. Er ist in erster Linie von deinem Gweicht und insbesondere deiner Muskelmasse abhängig. Denn Muskeln brauchen ständig Energie. Auch im Schlaf. Neben der Muskelmasse spielen aber auch Geschlecht und dein Alter.
Erstaunlicherweise macht der Grundumsatz den größten Anteil des Kalorienbedarfs aus. Falls Du also langfristig Fett abbauen möchtest, ist es eine gute Idee, ihn zu erhöhen. Wenn wir uns jetzt noch einmal genauer anschauen, von welchen Größen der Grundumsatz abhängig ist, wird klar, warum ich in meinen Artikeln immer wieder auf der Muskelmasse herumreite. Es ist die einzige Variable in der Gleichung, die Du durch Training wesentlich verändern kannst. Alter, Geschlecht und Deine genetische Veranlagung sind konstant.
Willst Du Deinen Grundumsatz erhöhen, musst Du Dich in erster Linie um Deine Muskeln kümmern, denn sie sind die besten Fettverbrenner.
Leistungsumsatz
Der Leistungsumsatz wird durch Deine tägliche Aktivität bestimmt. Du kannst ihn erhöhen, indem Du Dich im Alltag ganz einfach mehr bewegst. Das kann ein Spaziergang oder auch das harte Krafttraining sein. Jede Bewegung hat Einfluss auf Deinen Leistungsumsatz und somit den Gesamt-Kalorienbedarf.
Wie Du Deinen Kalorienbedarf bestimmst
Es gibt viele Verfahren, Deinen Kalorienbedarf zu bestimmen. Die Messung im Labor ist sicherlich am genauesten. Anhand des Sauerstoffverbrauchs wird dort der Grundumsatz ermittelt. Diese Methode ist allerdings sehr aufwendig und eher für Profisportler. Ich mag es es ja immer möglichst einfach. Daher zeige ich Dir heute einige Möglichkeiten, Deinen Kalorienbedarf auf einfache Weise selbst zu ermitteln.
Aber eins solltest Du bedenken: Keine der folgenden Methoden wird Dir ein hundertprozentig genaues Ergebnis liefern. Alle Berechnungen beruhen letztendlich auf Erfahrungswerten und Schätzungen.
Das heißt für Dich: Verwende das Ergebnis als Ausgangspunkt. Beobachte immer Deine Fortschritte und justiere gegebenenfalls nach.
Die Kalorienbedarfstabelle
Benutze folgende Werte, wenn Du mal ganz grob schätzen möchtest und Mathe nicht so Dein Ding ist. [1]
Kalorienbedarf Frauen
Alter | wenig aktiv [kcal/Tag] | moderat aktiv [kcal/Tag] | sehr aktiv[kcal/Tag] |
---|---|---|---|
15 bis 19 | 2000 | 2600 | 3200 |
20 bis 52 | 1900 | 2400 | 2900 |
ab 51 | 1600 | 2100 | 3600 |
Kalorienbedarf Männer
Alter | wenig aktiv [kcal/Tag] | moderat aktiv [kcal/Tag] | sehr aktiv [kcal/Tag] |
---|---|---|---|
15 bis 19 | 2500 | 3300 | 4000 |
20 bis 52 | 2400 | 3100 | 3800 |
ab 51 | 2000 | 2500 | 3100 |
Die Aktivität lässt sich wie folgt abschätzen:
- wenig aktiv: meist sitzende Tätigkeit z. B. Kraftfahrer oder Büroangestellte
- moderat aktiv: überwiegend stehende und gehende Tätigkeit z. B. Handwerker oder Verkäufer
- sehr aktiv: harte körperliche Arbeit oder Sport z. B. Bauarbeiter oder Leistungssportler
Eine Büroangestellte im Alter von 32 Jahren hat an einem Tag ohne sportliche Aktivitäten einen Kalorienbedarf von ca. 1900 kcal. An einem Tag mit ca. 60 Minuten Sport würde sie in die Kategorie „moderat aktiv“ fallen und hätte einen Tagesbedarf von ca. 2400 kcal, um ihr Gewicht zu halten.
Kalorienbedarf ausrechnen mit Taschenrechner und Formel
Zugegeben, die Tabelle oben ist etwas ungenau. Sie berücksichtigt nur das Alter, Geschlecht und eine vage Einschätzung der Aktivität. Wenn Du es etwas genauer möchtest, kannst Du mit einem Taschenrechner und den folgenden Formeln Deinen Kalorienbedarf ausrechnen.
Kalorienbedarf ausrechnen Schritt 1: Grundumsatz
Um den Grundumsatz auszurechnen, haben sich zwei Formeln bewährt. Die „Mifflin-St.Jeor Formel“ und die „Katch-McArdle Formel“. Letztere verwendest Du, wenn Du Deinen Körperfettanteil kennst. Sie ist etwas genauer, weil die Muskelmasse berücksichtigt wird. [4, 5]
Grundumsatz ausrechnen nach „Mifflin-St.Jeor“:
- Frauen: Grundumsatz = (10 x Gewicht [kg]) + (6,25 x Größe [cm]) – (5 x Alter) – 161
- Männer: Grundumsatz = (10 x Gewicht [kg]) + (6,25 x Größe [cm]) – (5 x Alter) + 5
Grundumsatz ausrechnen nach „Katch-McArdle“:
Grundumsatz = 21,6 x fettfreie Körpermasse [kg] + 370
Beispiel: Grundumsatz ausrechnen
Nehmen wir an Du bist
- männlich
- 35 Jahre alt
- wiegst 75 kg
- bist 1,75 m groß
- und hast einen Körperfettanteil von 18 % bzw. fettfreie Körpermasse 82%
Nach Mifflin-St.Jeor ergibt sich folgender Grundumsatz:
10 x 75 + 6,25 x 175 – 5 x 35 + 5 = 1673,75 kcal
Nach Katch-McArdle wird Dein Grundumsatz wie folgt berechnet:
21,6 x 75 x 0,82 +370 = 1698,4 kcal
Kalorienbedarf ausrechnen Schritt 2: Aktivitätsfaktor
Nachdem Du den Grundumsatz ausgerechnet hast, kommt der Aktivitätsfaktor (PAL-Faktor) ins Spiel. Er sagt aus, mit welchem Faktor der Grundumsatz multipliziert werden muss, um den durchschnittlichen Kalorienverbrauch pro Tag zu erhalten. Je stärker die körperliche Belastung, desto größer ist der Aktivitätsfaktor. Allerdings werden relativ kurze und intensive Trainingseinheiten noch nicht berücksichtigt. Der Faktor beinhaltet lediglich allgemeine Aktivitäten, die über mehrere Stunden am Tag ausgeführt werden.
Da ein Tag aber normalerweise aus vielen verschiedenen Aktivitäten besteht, müssen die entsprechenden Faktoren für jede Stunde erfasst werden. Daraus bildet man dann den Tagesdurchschnitt für 24 Stunden.[2]
Die folgende Tabelle zeigt die Aktivitätsfaktoren für verschiedene Aktivitäten.[3]
Aktivität | Faktor |
---|---|
schlafen | 0,95 |
nur sitzend oder liegend | 1,2 |
fast ausschließlich sitzend, wenig Bewegung, z. B. Büroangestellte oder Kraftfahrer | 1,4 – 1,5 |
überwiegend sitzend, mit zusätzlichen stehenden/gehenden Tätigkeiten, z. B. Studenten oder Laboranten | 1,6 – 1,7 |
überwiegend stehende/gehende Tätigkeit, z. B. Verkäufer oder Hausfrau/mann | 1,8 – 1,9 |
körperlich anstrengende berufliche Tätigkeit, z. B. Bauarbeiter | 2,0 – 2,4 |
Wenn Du den durchschnittlichen Aktivitätsfaktor mit Deinem vorher berechneten Grundumsatz multiplizierst, erhältst Du Deinen Kalorienbedarf für einen Tag (24 Stunden)
Kalorienbedarf pro Tag = Grundumsatz x durchschnittlicher Aktivitätsfaktor
Beispiel: Kalorienbedarf mit Aktivitätsfaktor ausrechnen [2, 3]
- Dein Grundumsatz beträgt 1698 Kalorien
- Dein normaler Tag (24 Stunden) besteht aus:
- 7,5 Stunden Schlaf (0,95)
- 8,5 Stunden Bürojob (1,4)
- 6 Stunden Freizeit (1,6)
- 2 Stunden chillen auf dem Sofa (1,2)
Der durchschnittliche Aktivitätsfaktor berechnet sich wie folgt:
Aktivitätsfaktor (Tagesdurchschnitt) = (7,5h x 0,95 + 8,5h x 1,4 + 6h x 1,6 + 2h x 1,2) /24h = 1,29
Kalorienbedarf pro Tag = 1698 kcal x 1,29 = 2190,4 kcal
Aufgrund der Ungenauigkeiten darfst Du das Ergebnis gern runden. Der durchschnittliche Kalorienbedarf pro Tag beträgt also ca. 2190 Kalorien.
Kalorienbedarf ausrechnen Schritt 3: Zielanpassung
Jetzt wollen wir den errechneten Kalorienbedarf noch an Dein persönliches Ziel anpassen. Nach meinen Erfahrungen gibt es im Grunde drei Ziele bezüglich des Körperbaus:
Gewicht halten
Wenn Du Dein aktuelles Gewicht halten möchtest, übernimmst Du den ausgerechneten Kalorienbedarf einfach unverändert.
Körperfett abbauen (abnehmen)
Möchtest Du Körperfett abbauen, dann benötigst Du ein moderates Kaloriendefizit. Mit 80 % des errechneten Gesamtbedarfs fährt man erfahrungsgemäß ganz gut.
Kalorienbedarf (Fettabbau) = Kalorienverbrauch/Tag x 0,8
Muskeln aufbauen (zunehmen)
Wenn Du Muskeln aufbauen bzw. zunehmen möchtest, benötigst Du ein Kalorienüberschuss. Denn Dein Körper braucht zusätzliche Energie zum Aufbau der Muskelmasse. Ein Überschuss von ca. 20 % reicht in der Regel aus.
Kalorienbedarf (Muskelaufbau) = Kalorienverbrauch/Tag x 1,2
Beispiel: Zielanpassung Fettabbau
Ausgerechneter Kalorienbedarf: 2190 kcal
Angepasster Kalorienbedarf: 2190 kcal x 0,8 = 1752 kcal
Kalorienbedarf ausrechnen lassen
War das alles zu viel Rechnerei für Dich? Dann habe ich etwas für Dich:
Mit meinem Kalorienbedarfsrechner kannst Du ganz einfach Deinen persönlichen Kalorienbedarf ausrechnen. Du musst nur einige Daten zu Deinem Körper angeben und der Rechner erledigt den Rest.
Vorteil: Du ersparst Dir die Rechnerei mit den Formeln. Allerdings leidet auch die Genauigkeit etwas, denn der Rechner setzt einige Werte bezüglich der Aktivitäten voraus, um die Eingabe zu vereinfachen. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn der errechnete Bedarf ist sowieso nur ein Richtwert mit dem Du startest.
Wie es weiter geht …
Jetzt kennst Du Deinen Kalorienbedarf. Zumindest ungefähr. Denn ich sagte es bereits: Der errechnete Wert ist letztlich immer nur eine Abschätzung. Er basiert auf Erfahrungswerten, Experimenten und Deinen Einschätzungen bezüglich der Aktivität. Keine Formel und kein Rechner der Welt kann Dir Deinen individuellen Kalorienbedarf exakt ausrechnen.
Daher meine Empfehlung: Starte mit dem errechneten Kalorienbedarf. Nimm ihn als groben Richtwert und schau was passiert. Beobachte Deinen Fortschritt. Nimm dazu nicht nur die Waage. Das Gewicht ist nicht entscheidend.
- Miss regelmäßig Deinen Körperfettanteil und/oder Deine Körpermaße (Bauchumfang, Hüfte …).
- Passt vielleicht die Lieblingshose besser oder schlechter?
- Schau in den Spiegel. Hat sich etwas verändert?
Ganz wichtig: Wenn Du mal keine Fortschritte machst – Keine Panik! Das ist keine Niederlage! Vielmehr ist es eine Rückmeldung. Schließlich hast Du dann wieder etwas gelernt und kannst Dich entsprechend neu ausrichten.
Bitte nimm das ganze auch nicht zu fanatisch. Bleib entspannt. Du musst Dich nicht jeden Tag auf die Waage stellen. Du musst auch nicht lebenslang Kalorien zählen. Es reicht völlig aus, hin und wieder Deine Ernährung für ca. eine Woche zu tracken. So bekommst Du schnell ein Gefühl für Kalorienmengen und kommst schlechten Angewohnheiten auf die Schliche.
Alles Gute
Micha
Weiterführende Links:
Quellen:
- [1] Ernährungsstrategien in Kraftsport und Bodybuilding (Dr. Christian Loeffelholz)
- [2] Energieverbrauch durch Muskeltraining (Prof. Dr. Theodor Stemper)
- [3] Die Ernährung des Sportlers (Dr. oec. troph. Alexandra Sche)
- [4] Wikipedia – Grundumsatz
- [5] Wikipedia – Basal metabolic rate